Am 1. August 1930 geboren, wuchs er als einziges Kind in Bernbruch und Kamenz auf. Er entkam dem Krieg und begann 1946 seine Ausbildung als Dekorationsmaler beim Malermeister Adam in Kamenz, wo er auch nach der Lehre einige Jahre arbeitete. Seine Arbeit führte ihn an besondere Orte. So erinnerte sich Manfred Richter insbesondere an die Villa Werner in der Ziegelei in Cunnersdorf und an die gut betuchten Auftraggeber, für die er kunstvolle Deckenbemalungen anfertigte. Mit der Gründung der Handelsorganisation HO wechselte er seinen Tätigkeitsbereich und war nun fortan Dekorateur in der Gebrauchswerbung.

Die Handelsorganisation war gegliedert in die Bereiche Industriewaren, Lebensmittel, Gaststätten, Warenhäuser und Hotels. Überall dort hinterließ er seine Spuren oder besser: seine Blickfänge. Seine Aufträge führten ihn über Kamenz hinaus nach Elstra, Panschwitz, Pulsnitz und Großröhrsdorf. Sein Geschick und sein Gespür für Gestaltung brachte ihm auch eine Stelle als Zirkelleiter für Textiles Gestalten im damaligen Kamenzer Kulturhaus auf der Oststraße ein. Diese Arbeit dort ermöglichte ihm wiederum den Blick über den Tellerrand in das etablierte DDR-Kunstgewerbe. Der kreative Input an der damaligen Kunstgewerbeschule in Sondershausen festigte seine Ambitionen für gestalterische Arbeiten. Auch zum Kulturhaus Bischofwerda pflegte er Kontakte und kam mit vielen seiner Zeitgenossen wie zum Beispiel dem Künstler Rosso Majores oder dem Pulsnitzer Grafiker und Blaudrucker Gerhard Hofmann, meinem Großvater, in Berührung, bis er 1990 mit 60 Jahren in Rente ging.

Das ist der Beginn seiner wohl schöpferischsten Lebensphase, denn jetzt hat er Zeit seinen handwerklichen Fähigkeiten und seinen künstlerischen Ansprüchen Raum zu geben. In der kleinen Wohnung im eigenen Haus ist nicht viel Platz. So hat jeder der dreiköpfigen Familie sein Revier und Herr Richter seinen Schnipsel-Platz, an dem er fast täglich seine aufwendigen Scherenschnitte produziert und frühmorgens sogar die Zeit vergisst, weil Schere und Papier frohlocken.

Anne Hasselbach